Dekontaminierung

Selbstschutz oder Egoismus?

Du willst zu uns und bist noch am Überlegen? Dann fragst du dich sicherlich als Erstes: Ist das gefährlich bei euch? Für jeden von uns war das vor dem Einstieg die wichtigste Frage.

Natürlich werden Feuerwehrleute bei ihren Einsätzen mit einer Vielzahl von Gefahren konfrontiert. Oft assoziieren Laien damit zuerst physische Verletzungen durch Brände, Explosionen oder Chemikalienunfälle.

Die Bandbreite der chemischen, biologischen oder radioaktiven Gefahrenquellen ist bei der Feuerwehr komplex. Also lautet die Antwort: „Ja, es ist gefährlich. Aber…!“

An einer Kreuzung über die Straße zu gehen, ist auch gefährlich. Aber wenn man sie an der Ampel bei Grün überquert statt bei Rot, sieht es schon ganz anders aus. So ähnlich ist das im Prinzip auch bei uns.

Gesunder Egoismus schützt

Das Wissen, um die Gefahren und das entsprechende Handwerk um sie zu vermeiden, schützen uns. Der Selbstschutz steht an erster Stelle. Ohne eine gehörige Portion „gesunder Egoismus“ läuft kein Einsatz. Ein gutes Beispiel liefert das Problem der Kontamination.

Aufbau der Dekontaminierung

Es liegt in der Natur der Dinge, dass Einsatzkräfte der Feuerwehr am häufigsten mit dem Löschen von Bränden zu tun haben. Das der Angriffstrupp an vorderster Front mit Atemschutzgeräten löscht, versteht sich von selbst. Aber was ist mit Schadstoffen wie Ruß, der sich in der Schutzbekleidung absetzt?

Brand gelöscht, rein ins Einsatzfahrzeug, in der Wache umziehen und die Schutzausrüstung in die Wäsche geben.

Dieser Ablauf ist noch gar nicht so lange her. Das Ruß ebenso hartnäckig wie gefährlich ist, wurde schlicht unterschätzt. Erst durch Untersuchungen der an Krebs erkrankten Feuerwehrleute nach dem Großbrand auf dem Düsseldorfer Flugplatz 1996, rückte Ruß als mögliche Ursache in den Fokus. 2018 bestätigte eine Studie kanadischer Wissenschaftler das krebserregende Gefährdungspotential von Ruß.

Aufbau der Dekontaminierung

Zum damaligen Zeitpunkt war eine Kontaminierung praktisch unausweichlich. Die Rußpartikel fanden ihren Weg auf die Mannschaft in den Einsatzfahrzeugen, kontaminierten in der Umkleide deren Zivilsachen und landeten zu Hause. Im Extremfall schaffte es der Ruß nachweislich sogar ins Babybett, wenn Papa nach dem Einsatz noch „Gute Nacht“ sagte.

Was mache ich hier?

Als unser Wehrleiter während eines Dienstes zum Aufbau der Dekontaminierung-Strecke das Ergebnis der Studien zusammenfasste, mag manchem durch den Kopf gegangen sein: „Was mache ich hier?“ Dagegen hilft nur eines: Schützen!

Zugegeben, der Schutz ist im Aufbau recht aufwändig. Wurde die PSA (Persönliche Schutzausrüstung) kontaminiert, geht´s los:

  1. Die Bekleidung unter Berücksichtigung der Windrichtung zunächst leicht ausklopfen und belüfteten. Damit werden Rauchgas-Ausgasungen gemindert. Wichtig,: der Atemschutz bleibt auf.
  2. Bei starker Staub- oder Rußbelastung manuell die Bekleidung vorsichtig mit Wasser oder Reinigungsmittel vorreinigen. Nicht ausschütteln oder mit Druckluft abstrahlen.
  3. Persönliche Ausrüstung und Helm ablegen. Feuerwehrschutzhandschuhe ausziehen und Einweghandschuhe anziehen.
  4. Lungenautomaten und Feuerschutzhaube ablegen und Halbmaske mit Partikelfilter anlegen.
  5. Atemschutzgerät ablegen. Feuerwehrschutzkleidung ablegen, ohne mit der Außenseite in Berührung zu kommen.
  6. Persönliche Ausrüstung grob reinigen und verpacken.
  7. Partikelfiltermaske abnehmen. Baumwoll- oder Einmalhandschuhe abnehmen.
  8. Erstreinigung von Händen, Hals, Nacken und Gesicht.
  9. Wechseln der Unterbekleidung oder Überziehen von Witterungsschutzbekleidung.
  10. Flüssigkeitsaufnahme und Erholungsphase.

Was sich so selbstverständlich liest, erfordert logistische Unterstützung. Unserer Wehr steht dafür eine komplette Dekontaminierung-Strecke samt Hänger zur Verfügung. Damit werden bei Bedarf die Einsätze der Bernburger Feuerwehren abgesichert.

Der Aufbau verlangt mit den verschiedenen Stationen allerdings etwas Übung. Außerdem gerät im Winter das Umziehen im Freien bei Minusgraden zu einer frostigen Angelegenheit. Wenn da die Abläufe nicht klappen!

Dekontaminierung der Atemschutzträger

Entscheidend ist jedoch das Sicherheitsgefühl für alle Einsatzkräfte. Ja, das Gefahrenpotential für die Gesundheit durch Kontaminierung kann nicht von der Hand gewiesen werden. Aber im Gegensatz zu früher, wissen wir uns jetzt gut davor zu schützen.